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Insulinhypoglykämie-Test

Info:

Eine Insulin-induzierte Hypoglykämie ist ein starker Anreiz für eine Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse. Die Injektion von Insulin führt zu einer deutlichen Absenkung des Blutzuckers; dieses führt zu einer massiven Stressreaktion mit Ausschüttung von ACTH, Cortisol und Wachstumshormon. Da die Aktivierung eine intakte Hypothalamusfunktion voraussetzt, kann somit nicht nur die Funktionsfähigkeit des Hypothalamus, sondern aller Ebenen des Hypothalamus-Hypophysen-NebennierenrindenSystems überprüft werden. Da es auch zu einer Stimulation der HGH-Sekretion kommt, kann der Test auch bei der Diagnose eines Wachstumshormonmangels eingesetzt werden.

Steigen die Hormonkonzentrationen nicht an, so kann ein hypothalamischer oder hypophysärer Schaden vorliegen. Es muss dann eine weitere Differenzierung zwischen hypothalamischer und hypophysärer Ursache einer HVL-Insuffizienz durch die Releasing-Hormon-Tests (CRH-Test, GHRH-Test, TRH-Test) erfolgen.

Besonderheiten im Kindesalter

Bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern < 4 Jahre soll der Test nicht angewendet werden.

Bei Kindern soll durch ständigen verbalen Kontakt das Einschlafen hinausgezögert werden. Die Anwesenheit eines Elternteils ist erwünscht

Beinhaltet folgende Untersuchungen: ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) (EDTA-Plasma gefroren (EP))
HGH (Wachstumshormon) (Serum gefroren (S))
Cortisol (Serum (S))
Glucose (GlucoEXACT / -Medics) (NaF-Plasma (NaF))
Indikation/Bedeutung:
  • Prüfung der Funktionsfähigkeit der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (Bestimmung: Cortisol, ACTH)
  • Differenzialdiagnose des Minderwuchses, Verdacht auf Wachstumshormonmangel (Bestimmung: HGH)
  • Verdacht auf hypothalamisch-bedingte HVL-Insuffizienz (Bestimmung: Cortisol, ACTH, HGH)

Kontraindikation

  • Zerebrales Krampfleiden
  • Zerebrale Durchblutungsstörungen
  • Koronare Herzkrankheit
  • Glykogenspeicherkrankheit
  • Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder < 4 Jahre, Kinder mit Dystrophie sowie Kinder mit Hypoglykämieneigung sollten wegen der Gefahr einer sehr raschen Hypoglykämie und der Entwicklung einer metabolischen Azidose nicht mit dem IHT getestet werden.
Nebenwirkungen:
  • Leichte Hypoglykämie-Symptome (erwünscht)
  • Bei Patienten mit Diabetes mellitus kommt es bereits bei relativ hohen Glucose-Werten zur Hypoglykämie-Symptomatik
  • Auslösung einer schweren Hypoglykämie (Bewusstseinsverlust, Koma, Krampfanfall) ist möglich, daher muss während des gesamten Tests ein Arzt anwesend sein und eine engmaschige Dokumentation der Glucosewerte erfolgen.
  • Es besteht eine relative Fahruntüchtigkeit

Abbruchkriterien

  • Starke Hypoglykämie-Symptomatik, Somnolenz
  • Blutzucker < 33 mg/dl
  • Zeitliches Testende

Es liegt in der Erfahrung des Endokrinologen, den Zeitpunkt des Testabbruches festzulegen. Danach erfolgt die i.v.-Gabe von 10 bis 40 ml Glucose 20% - 40%, außerdem wird eine ausgiebige Mahlzeit empfohlen.

Die Patientenüberwachung muss bis mindestens 60 Minuten nach Testende, in jedem Fall bis zum sicheren Ausgleich der Hypoglykämie fortgesetzt werden.

Vorbereitung:
  • Eine schriftliche Patientenaufklärung sollte spätestens 24 h vor dem Test erfolgen, bei Kindern die Einwilligungserklärung der Eltern 24 h vor dem Test vorliegen.
  • Legen eines venösen Zuganges vorzugsweise am Vorabend, da es sonst stressbedingt zur Refraktärphase-bedingten Suppression der GH-Freisetzung nach Insulingabe kommt (falsch positive Diagnose eines GH-Mangels), eine zweite Venenverweilkanüle seitengetrennt ist notwendig (eine für die Blutentnahmen, eine als Notfallzugang). 40%ige Glucoselösung muss aufgezogen bereitliegen.
Durchführung:

Stationäre Bedingungen mit ständiger ärztlicher Kontrolle, kontinuierliche Überwachung klinischer Daten wie Puls, Blutdruck, Bewusstseinslage und Hypoglykämiesymptome wie Hungergefühl, Blässe, Schwitzen, Schwindel mit Verlaufsprotokoll, Dokumentation der Blutzucker (BZ)-Werte muss gegeben sein.

Durchführung vormittags, Patienten nüchtern, liegend

  • Infusion mit NaCl 0,9% (20 ml/h) über den am Vorabend angelegten venösen Zugang
  • 1. Blutentnahme frühestens nach 30 Minuten (- 30 min)
  • Basalwert (= 0 min -Wert) vor Injektion von 0,1 IE humanem Altinsulin/kg Körpergewicht bei Erwachsenen und Kindern durch Verweilkanüle (bei Kleinkindern entsprechend geringere Dosis); (bei insulinresistenten Patienten mit Akromegalie, Adipositas, Diabetes oder Cushing, 0,15 IE humanem Altinsulin/kg Körpergewicht)
  • Blutentnahmen 15, 30, 45, 60, 90 und 120 min nach Altinsulin-lnjektion
  • Glucosebestimmung im Zentrallabor und parallel alle 5 – 10 min über ein qualitätskontrolliertes portables BZ-Messgerät.

Für die diagnostische Aussagekraft ist das Unterschreiten der Glucosekonzentration von 40 mg/dl bzw. von 50% des Ausgangswertes ca. 15 - 30 min nach Insulingabe von entscheidender Bedeutung; klinisch sollte der Patient wenigstens schwitzen. Bei HVL-Insuffizienz Gefahr schwerer Hypoglykämien, daher 40%ige Glucoselösung bereithalten. Der Patient muss 2 Stunden nach Testende beobachtet werden.

Interpretation:

Kinder mit Verdacht auf GH-Mangel.

Ein GH-Mangel kann ausgeschlossen werden, wenn GH in einer der Proben > 10 ng/ml liegt.

Anstiege auf 5 - 9 ng/ml weisen auf einen partiellen GH-Mangel hin.

Jugendliche in der Transition mit Verdacht auf somatotrope Insuffizienz.

Der Cut-off-Wert für die Transition liegt bei 5 ng/ml. Eine somatotrope Insuffizienz ist wahrscheinlich, wenn GH in keiner der Proben auf > 5 ng/ml ansteigt.

Erwachsene mit Verdacht auf somatotrope Insuffizienz

Eine somatotrope Insuffizienz ist wahrscheinlich, wenn GH in keiner der Proben auf > 3 ng/ml ansteigt.

Erwachsene mit Verdacht auf adrenokortikotrope Insuffizienz

Eine adrenokortikotrope Insuffizienz kann ausgeschlossen werden, wenn das Cortisol auf > 20 µg/dl steigt. Ein Anstieg des ACTH um mindestens 50% bei normalen Ausgangswerten (10 - 48 pg/ml) ist normal.

Klinische Bemerkungen:

Empfehlung einer EKG-Überwachung. Bei Bewusstseinseintrübung Blutzucker und Kalium bestimmen, Im Falle einer Hypoglykämie-Unterbrechung kann es durch die Glucoseinfusion zusätzlich zur Hypokaliämie kommen. Es sollte immer geprüft werden, ob der IHT durch den kombinierten GHRH/Arginin-Test (GH-Sekretion) bzw. den Metopiron-Test (ACTH-Reserve) ersetzt werden kann.

Der IHT ist eingeschränkt intraindividuell reproduzierbar. Variationskoeffizienten bei Erwachsenen bis zu 59%. Die Sensitivität und Spezifität des IHT für die Diagnose eines GH-Mangels liegt zwischen 50 und 80%. Falsch niedrige GH-Maxima kommen vor.

Fortsetzung des Tests, bis deutliche klinische Hypoglykämie-Symptome auftreten oder Blutzuckerabfall auf < 33 mg/dl. Je deutlicher die Symptomatik und je niedriger der Blutzucker, umso aussagekräftiger ist der zu diesem Zeitpunkt gemessenen GH- bzw. Cortisolwerte. Die Symptomatik fällt bei Hypophyseninsuffizienz besonders ausgeprägt aus.

Beim GH-Insensitivitätssyndrom, neurosekretorischer Dysfunktion, idiopathischem Minderwuchs und biologisch inaktivem GH kein pathologisches Testergebnis. Bei Erwachsenen müssen für den isolierten GH-Mangel 2 pathologische Funktionstests vorliegen. Bei zusätzlich noch anderen glandotropen Insuffizienzen oder einer morphologisch fassbaren hypophysären Erkrankung, reicht ein pathologischer Funktionstest (IHT oder kombinierter Arginin-GHRH-Test).

Häufige Fehler:
  • Durch zu frühen Testabbruch bei mangelnder Erfahrung fällt der Test falsch positiv aus.
  • Bei Patienten mit Diabetes mellitus kann die gegenregulatorische Hormonfreisetzung gestört sein (falsch positiver Test).